Mehr regionale Lebensmittel im Knüll

Ca. 300 € pro Person und Monat geben wir für Lebensmittel aus. Wie können wir dieses Geld wirksamer in unserer Region einsetzen und damit die heimische Land- und Lebensmittelwirtschaft stärken und zum Erhalt unserer Kulturlandschaft beitragen?

Diese Frage beschäftigt derzeit die Mitglieder des Vereins zur Regionalentwicklung im Knüllgebiet, in dessen Auftrag der Zweckverband Knüllgebiet das Regionalmanagement der LEADER-Region Knüll organisiert und damit die Verantwortung für die Vergabe von EU-Fördermitteln (LEADER-Förderung) zur Stärkung der ländlichen Entwicklung im Knüll hat.

"Wir wollen in den nächsten Jahren eine deutliche Steigerung regionaler Wertschöpfungskreisläufe im Nahrungsmittelbereich erreichen", erklärte der Vereinsvorsitzende Walter Glänzer. "Dafür soll ein Teil der EU-Fördermittel gezielt eingesetzt werden".

Für die LEADER-Förderphase 2023–2027 stehen im Handlungsfeld Bioökonomie ca. 200.000,00 € zur Verfügung.

Die Ziele:

  • landwirtschaftliche Direktvermarktung stärken und ausbauen
  • Kooperationen mit Lebensmittelhandwerkern fördern (z.B. Bäcker, Metzger, Landwirte)
  • Verbundprojekte für gemeinschaftlicher Vertriebsformen entwickeln

 

Der Verein wird in den nächsten Wochen Fachleute und Interessierte aus Landwirtschaft und Nahrungsverarbeitung einladen, um Projektideen zu formulieren und weiterzuentwickeln.

Interessierte können sich bei der Geschäftsstelle melden: Viola Müller-Hanke, Tel. 06677 9399043, Mail: mueller-hanke@knuell.de

Hintergrund

Hochgerechnet werden in der Region Knüll jährlich 24 Mio. € im Jahr für Ernährung ausgeben. Der Einkauf konzentriert sich zu 80% auf die Filialen der Lebensmittelkonzerne, die ihre Filialnetze auf immer weniger zentrale Orte konzentrieren. Ohne Auto ist Einkaufen auf dem Land praktisch unmöglich.

Zugleich ist festzustellen, dass die Wege der Lebensmittel immer länger werden. Obst und Gemüse kommt überwiegend aus Spanien und Italien, Fleisch und Wurstwaren aus den Tierhaltungsregionen Nordwesteuropas. Die Milch aus dem Knüll wird überwiegend nach Bayern gefahren, bevor die Milchprodukte von dort über die Zentrallager der Lebensmittelhandelsketten in die Filialen verteilt wird. Brot und Backwaren haben teilweise noch längere Wege hinter sich.

Unter ökonomischen Gesichtspunkten ist dieses Nahrungsversorgungssystem hocheffizient und hat in den vergangenen Jahrzehnten wesentlich zum materiellen Wohlstand beigetragen.

Allerdings werden heute Grenzen sichtbar, die uns veranlassen, die Form unserer Lebensmittelversorgung zu hinterfragen und teilweise neu zu bewerten.

Unser derzeitiges Ernährungssystem verursacht erhebliche Folgekosten, die nicht in den Produktpreisen enthalten sind. Gründe dafür sind:

  • CO² Ausstoß durch Energieverbrauch (Transport, Verarbeitung, Kühlung usw.)
  • Artenschwund durch Veränderung der Bewirtschaftungsweisen in der Kulturlandschaft
  • Verlust von Arbeits- und Einkommensmöglichkeiten in der Landwirtschaft und dem Lebensmittelhandwerk
  • Krankheiten durch Fehlernährung mit hochverarbeiteten Lebensmitteln.

Die nachteiligen Auswirkungen treffen den ländlichen Raum besonders.

Der Strukturwandel in Landwirtschaft und Lebensmittelhandwerk hinterlässt leerstehende Wohn- und Wirtschaftsgebäude und drohenden Verfall ortsbildprägender historischer Bausubstanz. Zudem schwindet die Zahl der Arbeitsplätze vor Ort mit Auswirkungen auf die Sozialstruktur.

Mit dem Strukturwandel verändert sich die Kulturlandschaft. Durch Zusammenlegungen werden die Parzellen größer und die Nutzungsvielfalt nimmt durch Wegfall “unwirtschaftlicher” Kulturen (z.B. Sommergetreide) ab.

Sollte sich der aktuelle Preisdruck bei Feldfrüchten (insb. Getreide) fortsetzen und die staatlichen Flächenprämien gekürzt werden, sind die von Natur aus beteiligten Ackerflächen im Knüll kaum noch wettbewerbsfähig zu bewirtschaften. Gleiches gilt für die Bewirtschaftung des landschaftsprägenden Grünlandes. Im Wettbewerb mit Lamm- und Rindfleisch in den Supermarktregalen aus globalen Märkten (Neuseeland, Südamerika) sind wertvolle Landschaftsteils des Knülls vom Brachfallen bedroht.

Die Bestandsaufnahme zeigt:

Wenn uns der Erhalt unserer bäuerlich geprägten Kulturlandschaft wichtig ist, müssen wir eine Trendwende bei der Bewirtschaftung unserer Landschaft und beim Höfesterben erreichen. Insbesondere junge Menschen müssen zukunftsfähige Perspektiven in der Bewirtschaftung von bäuerlichen Betrieben erkennen können.

Es gibt in der Region bereits erfolgreiche Beispiele, die zeigen, wie es gehen kann.

Dazu braucht es in erster Linie mehr informierte und zahlungsbereite Kundinnen und Kunden, aber auch eine koordinierte Beratungs- und Förderpolitik.

Der Verein zur Regionalentwicklung im Knüllgebiet will dazu beitragen. Auftakt soll eine Veranstaltungsreihe sein, die derzeit geplant wird. 

Infos und Kontakt: Verein zur Regionalentwicklung im Knüllgebiet e.V. | Schlossbergweg 2 36286 Neuenstein | Tel. 06677-9399040 | info@knuell.de | www.knuell.de